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Denkmal! Woran?

 

Denkmäler sollten Ereignisse erinnerbar machen. Dabei ist die Katastrophe erinnerungswürdiger als die Normalität, weil die Lehren der Geschichten, wenn es denn welche gibt, darauf rekurrieren, was es zu verhindern gilt. Ein Denkmal ist eine pädagogische Einrichtung, die eine wie immer konstruierte Erzählung bietet. An den Frieden in (relativen) Friedenszeiten zu denken ist nicht trivial, sondern keine Frage des Denkmals. Denkmäler sind Schocks im Alltagskontext. Für einen Moment oder mehr ziehen sie die Aufmerksamkeit vom Alltag ab und fokussieren das vergangene Ereignis. Ein Kriegerdenkmal des 19. Jahrhunderts mit seinen arabesken Freuden am Sieg oder als memento mori gibt gerade in seinen bizarren Stilmomenten zu denken. Mentalitätsgeschichten werden durch Anachronismen erst plausibel. Eine "Sedanstraße" schließt die Geschichte anders auf

 

Gegenwärtig geht es um die aporetische Fundamentalfrage des Denkmalschutzes, die auf ewig unentschieden lässt, ob Baron Haussmann nun ein Demoliteur oder ein Wohltäter der Menschheit war. In jeder Kultur steckt Barbarei. Anders kann sie sich nicht konstituieren. Diese älteste Dialektik des Denkmalschutzes, dieser Kampf zwischen Erhaltenswürdigem und der „Demolition“ ist nicht dadurch auflösbar, dass der Kritiker großzügig das Label „Barbarei“ verhängt. Das alte Paris bot bestimmt größere Schätze. Ist es nicht von eigener ästhetischer Erhabenheit, gerade in Zeiten des Speicherwahns, Dinge vergehen zu sehen und nur noch ihre Spuren zu konservieren? Erinnerungen, die aus solchen Relikten entstehen, sind die besten. Erst jetzt, im Moment des Falls, glaubt man eine Schönheit beschwören zu müssen, die längst dahin ist, wenn sie denn je existiert haben sollte. Farewell. Oder sind die Entscheidungen von Denkmalschützern selbst denkmalgeschützt?

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